Nah dran: Mit den Demokraten durch die Wahlnacht

Diese Nacht hat Obamas Anhänger auf die Proble gestellt. Nach der Schließung der ersten Wahllokale hatte der Republikaner Mitt Romney rasch die Führung übernommen – doch das war nur ein Strohfeuer. „Genau wie 2008“, jubelt Ken Wilson. „Pennsylvania war der erste große Staat der fiel, danach gab es kein Halten mehr.“ Bis Barack Obama tatsächlich zum Sieger ausgerufen wird, sind es da noch zwei Stunden – aber auch für den Studenten und tausende weiterer Obama-Fans gibt es kein Halten mehr: Singend, jubelnd und tanzend stürmen sie den McCormick Place in Chicago, wo die Wahlparty stattfinden soll.

Der Tag hatte für die meisten der freiwilligen Helfer schon früh begonnen, mit letzten Telefonanrufen oder Fahrdiensten. Obama selbst hatte am Vormittag sein lokales Wahlkampfbüro in der Nähe seines Hauses im beschaulichen Univiertel Hyde Park besucht, die Mitarbeiter motiviert und selbst zum Telefonhörer gegriffen. In Chicago und Illinois, das war ohnehin klar, werden die Republikaner keinen Fuß auf den Boden bekommen. Aber was ist mit den wichtigen Swingstates wie Ohio und Florida?

Die ersten Zahlen, die über die Bildschirme einer Studentenkneipe an der 51 Straße flackern, geben dem Republikaner Mitt Romney einen raschen Vorsprung. Bald führt er bei den entscheidenden Wahlmännern deutlich, die Gesichter der Studenten werden länger.

Gelassenheit herrscht dagegen bei den überwiegend schwarzen Besuchern der Wahlparty in  Obamas „offiziellen Friseursalon“. Hier haben sich seine treueste Fans versammelt – um die Auszählung zu verfolgen, „bis zum Triumph“. Der Präsident sei noch vor einem Monat vorbeigekommen und haben sich die grau gewordenen Haare schneiden lassen, berichtet Gastgeberin Kenia. 20 Dollar zahle Obama dafür – seine Frisur sei ja nicht besonders aufwendig.

Auf den Bildschrimen dreht sich inzwischen der Trend: Obama ist nach ersten Zahlen sowohl in Ohio wie in Florida stark – das wird reichen, urteilen die Partygäste im Friseursalon.

Diese Siegesgewissheit macht sich unter Obamas Anhängern in ganz Chicago breit. In dicken Trauben strömen sie zum McCormick Place, einem gigantischen Messezentrum, das vor wenigen Stunden noch gespenstig leer war. Die Anspannung macht einer Ausgelassenheit Raum. Junge und Alte, Weiße und Schwarze schwenken US-Fähnchen, singen, tanzen. Es ist allerdings nicht das klassische Amerika, das sich hier versammelt hat – es sind die weißen Studenten und Bildungsbürger, die erfolgreichen Schwarzen.

So gesehen ist die Obama-Koalition ziemlich homogen – und bildet nur einen Teil der amerikanischen Gesellschaft ab. Um genau zu sein: 50 Prozent der Wähler, mehr nicht.

Genau das weiß auch Barack Obama, der weit nach Mitternacht die Bühne betritt. Er betont zwar die liberalen Errungenschaften seiner ersten Amtszeit, aber er hält eine sehr patriotische Rede – mit der er die Realität schlichtweg ignoriert.

Amerikas Stärke ergebe sich nicht aus seiner Innovationskraft und Rüstung, sondern allein daraus, dass das ganze Land gemeinsam an seinem Traum arbeite. Er glaube nach wie vor daran, dass Amerika mehr sei als die Summe seiner Individuen, hämmert Obama seinen Anhängern ein. Es dürfe keine demokratischen und keine republikanischen Staaten geben, sondern nur ein Amerika.

Genau das ist jedoch nicht der Fall, der zurückliegende Wahlkampf hat die Gräben noch vertieft. Aber tatsächlich kann Amerika seine gewaltige Probleme nur lösen, wenn Demokraten und Republikaner zusamenarbeiten. Auch nach dieser Wahl bleibt das Abgeordnetenhaus in der Hand der Republikaner. Das gesteht auch Obama ein – und kündigt an, sich schon bald mit dem Verlierer Mitt Romney zusammen zu setzen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
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Das ist der letzte Beitrag zur Reise durch einige US-Bundesstaaten, die bei der Wahl am kommenden Dienstag besonders wichtig sind. Weitere Fotos gibt es hier, die Reiseroute sieht so aus:

US-Wahlkampfreise Midwest 2012 auf einer größeren Karte anzeigen

Georg Watzlawek

Autor: Georg Watzlawek

Journalist, Ökonom, Blogger. Lokal global, mit einem besondern Blick auf die USA, Russland und Bergisch Gladbach.