Nah dran: Wen Clevelands Entrepreneure wählen

Katen Pabley

Wenn er nur auf sein Bankkonto schauen würde, dann wäre für Katen Pabley die Wahl am kommenden Dienstag klar. Aber genau das macht der Mann nicht, der als Immobilienentwickler reich wurde und jetzt gemeinsam mit sehr jungen Leuten den Schokoriegel-Markt in Cleveland abräumt.

Ende 2008, als Amerikas Finanzkrise voll ausbrach, steckte Katen Pabley bis zum Hals im Immobiliengeschäft. Doch er kam gerade noch rechtzeitig heraus und gründete sein eigenes Unternehmen. Auf seiner Visitenkarte nennt er sich heute „Chief Good Maker“, seine Firma GoodGreens entwickelt und vermarktet Schokoriegel mit exotischen Geschmacksrichtungen wie „Pumpkin Spice“ und dem bescheidenen Slogan „healthiest bars on the planet“.

Goodgreens’ Hauptquartier ist ein zehn Quadratmeter großes Büro im Launchhouse in Shakers High, einem Vorort der alten Industriestadt Cleveland, Ohio. Hier finden junge und sehr junge Unternehmensgründer einen Schreibtisch, Startkapital und Beratung – und in dieser wuselig-kreativen Atmosphäre fühlt sich der 40-jährige Katen Pabley auch als Senior wohl.

„Hier kann man den American Spirit mit Händen fassen“, beschreibt Pabley sein Umfeld. Dieser Unternehmergeist sei durch die Krise der vergangenen Jahre nicht angekratzt, sondern gestärkt worden – weil „viele Uni-Absolventen nicht wie ihre Eltern nach 20 Jahren harter Arbeit plötzlich auf der Straße sitzen wollen“ und sich auf eigene Beine stellen.

Diesen Jungunternehmern ist es oft ziemlich egal, wer bei der Präsidentschaftswahl am kommenden Dienstag gewinnen wird. Bei ihnen stößt man auf große Skepsis gegenüber Barack Obama, aber auch gegenüber Mitt Romney. Beide seien den Interessen der Großindustrie verpflichtet – und die Pläne der Präsidentschaftskandidaten für die Gesundheitsreform oder für das Steuersystem tangiere sie (vorerst) nicht.

„Obama hat einiges für uns Unternehmensgründer getan. Um von Romneys Steuerplänen zu profitieren, verdiene ich noch nicht genug“, bilanziert der 25-jährige Nick Pavlak, der als Seriengründer im Launchhouse gerade an seiner vierten Internetfirma baut. „Mein Leben wird sich nicht dramatisch verändern, egal wer gewinnt.“

Das sieht Chef-Gutes-Macher Pabley differenzierter. Er hält Obama zugute, in der tiefen Krise nach seinem Amtsantritt das Richtige unternommen zu haben. „Hätte er damals gemacht, was Romney jetzt will, dann würde es uns viel schlechter gehen“, sagt der Unternehmer mit Blick auf die benachbarte Autoindustrie in Detroit.

Und Obamas Gesundheitsreform wirke sich für Firmen wie Goodgreens, die bislang noch keine 50 Mitarbeiter hat, positiv aus. „Die Probleme der Großindustrie damit sind nicht meine“, sagt Paley.

Anders sieht das bei den Steuerplänen der beiden Kandidaten aus. Obama will die Belastung der höchsten Einkommensklassen erhöhen, Romney verspricht das Gegenteil. „Meine Frau verdient als Ärztin auch nicht schlecht, wir gehören zu diesen obersten zehn Prozent,“ räumt Pabley lachend ein: „Eigentlich müsste ich die Republikaner wählen. Romney wäre sehr gut für meine Steuererklärung, aber ganz schlecht für meine Moral.“

——————————————————————–
Dieser Beitrag ist Teil einer Reise durch einige US-Bundesstaaten, die bei der Wahl am kommenden Dienstag besonders wichtig sind. Weitere Fotos gibt es hier, die Reiseroute sieht so aus:

US-Wahlkampfreise Midwest 2012 auf einer größeren Karte anzeigen

Georg Watzlawek

Autor: Georg Watzlawek

Journalist, Ökonom, Blogger. Lokal global, mit einem besondern Blick auf die USA, Russland und Bergisch Gladbach.